Brot im Wandel der Zeiten

Das Überangebot an Nahrungsmitteln jeder Art und die Möglichkeit großer Teile der Bevölkerung, sich in steigendem Maße am sogenannten „gehobenen Konsum“ zu beteiligen, lösten auch bei Brot höhere Anforderungen des Verbrauchers hinsichtlich Qualität und Sortenvielfalt aus. Gesundheit und Genuss sind die bestimmenden Kriterien der Ernährung geworden. Diese neuartige Herausforderung machte Bäcker und Backmittelindustrie immer erfinderischer. Eine schier unüberschaubare Sortenvielfalt überschwemmt seither den Markt für Brot- und Gebäck, so ganz nach dem Motto: „Es muss für jeden Geschmack etwas dabei sein, ansonsten muss es erfunden werden.“ Dies scheint auch die richtige Antwort auf den kritischen und verwöhnten Markt der Gegenwart zu sein, denn ansonsten hätte sich das Brot in den letzten zwei Jahrzehnten nicht so gut behaupten können. Dabei spielen auch die Präsentation und der Verkauf von Brot und Gebäck eine wichtige Rolle. Immer häufiger trifft man auf schmucke, verkaufstechnisch raffiniert gestaltete und organisierte Bäckereiläden und Brotabteilungen in Supermärkten. Bei aller Vielfalt unterliegen das Brot und die Herstellung der Gegenwart immer noch strengen gesetzlichen Bestimmungen und wird von den zuständigen behördlichen Kontrollorganen kritisch unter die Lupe genommen. Gesetzlich geregelt ist das Brot inkl. Gebäck im Österreichischen Lebensmittelbuch (CODEX ALIMENTARIUS AUSTRIACUS), wo es zur Gruppe der Backerzeugnisse gezählt und wie folgt definiert wird:
„Brot"
Die zur Herstellung von Brot verwendeten Teige werden meist mit Sauerteig oder Backhefe gelockert. Je nach Art des Brotes werden neben den in den Abs. 2 und 3 angeführten Beigaben unter anderem noch weitere verwendet: Kochsalz, Gewürze und Gewürzextrakte, Stärke (auch Quellstärke und lösliche Stärke), Quellmehle, Teigsäuerungsmittel, Zitronensäure und Weinsäure sowie deren Salze, Milchprodukte, Zucker (Saccharose) und Zuckerarten (Dextrose, Maltose u.a.), Speisefette und –öle sowie Eiweißsubstanzen pflanzlicher Herkunft (z.B. Weizenkleber, Sojaproteine). 9 Brot wird vorwiegend in Laib-, Wecken- (freigeschoben, angeschoben) oder Kastenform in Verkehr gebracht. 10 Einwandfreies, im eigenen Herstellungsbetrieb verbliebenes, der unmittelbaren Berührung durch den Käufer nicht zugänglich gewesenes oder einwandfreies originalverpacktes Brot kann als getrocknetes Altbrot bis zu 3% bei Pumpernickel, Simonsbrot, Schrotbrot und Vollkornbrot bis zu 10% des Gesamtmehlgewichtes zugesetzt werden. Dies gilt nicht für mit Proprionsäure und ihren Salzen versetztes Brot. 11 Man unterscheidet nach Mehltypen, Beigaben und Zubereitung a) Roggenbrot b) Weizenbrot c) Mischbrot d) Andere Brotsorten (……….) In den Absätzen 12 bis 32 werden die verschiedenen handelsüblichen Brotbezeichnungen genau definiert bzw. beschrieben. Dazu zählen: a, b, c d: Dawabrot, Grahambrot, Keimlingsbrote, Leinsamenbrot, Molkenbrot, Pusztabrot, Steinmetzbrot, Vollkronbrot, Schrotbrot, Knäckebrot, Pumpernickel, Simonsbrot, Kletzenbrot, Vorschussbrot und Kleingebäcksarten.
Neben althergebrachten Herstellungsmethoden und Erzeugnissen bedient sich die moderne Bäckerei bedient sich seit ungefähr einem Jahrhundert in einem besonderen Maße der Erkenntnisse der Wissenschaft. Besonders in der Gegenwart resultieren neue Herstellungsverfahren fast immer aus fundierten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Nichts bleibt mehr dem Zufall überlassen: Nach aktuellen Kundenwünschen hält die Marktforschung ständig Ausschau, Kreativabteilungen sind damit beschäftigt, immer neue Brotsorten auf den Markt zu bringen, die dann mit entsprechenden Werbekonzepten dem Konsumenten schmackhaft gemacht werden. In der Backstube hat die Computertechnologie eine führende Rolle übernommen, und fast alle Produktionsbereiche können über einen Computer bedient und kontrolliert werden. Neue Produktionsmethoden garantieren stets frische Ware vor Ort. Die Handelsketten verlangen volle Regale bis in die Abendstunden. Viele große Handelsketten sind auch schon dazu übergegangen, ihren eigenen Brotbedarf selbst zu backen. Mit Hilfe der Methode der Gärunterbrechung und dem Vorbackverfahren werden fertig geformte Teiglinge eingefroren oder zuerst angebacken, dann vakuumdicht verpackt und eingefroren, um dann vor Ort und bei Bedarf gebacken und möglichst frisch angeboten zu werden. Damit gaben bereits einige Großbäckereien das Herzstück der Brotproduktion – das Backen des Brotes – aus der Hand. Damit konnte aber einem großen Konsumentenwunsch – stets frische und knusprige Backwaren kaufen zu können – entsprochen werden.
In der Gegenwart erleben wir wieder eine gewaltige Zäsur im Bereich der Brotherstellung, ganz ähnlich der Situation vor hundert Jahren, wo ebenfalls neue Techniken und neue Erkenntnisse die althergebrachte Brotherstellung erschütterten. Auch damals waren die Entwicklungen nicht aufzuhalten, und die Bäcker stellten sich allmählich auf die neuen Rahmenbedingungen ein. Diejenigen, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollten, blieben auf der Strecke, und so wird es auch in der Gegenwart sein. Die Backmittelindustrie und die Bäckereimaschinenindustrie können mit steigendem Umsatz rechnen, und der Bäcker wird ein williger Kunde sein. Er hat sich bereits und wird sich in Zukunft im verstärkten Ausmaß von den vielen Vorteilen computergesteuerter Bäckereimaschinen und von ausgeklügelten Backmitteln überzeugen lassen, die eine rationellere Brotherstellung ermöglichen und trotzdem eine gleichbleibende und sichere Brotqualität garantieren